Tool-Review: Merken Sie sich alles mit Anki
Anki ist ein Programm, welches Ihnen beim Auswendiglernen hilft. Dabei setzt Anki, ähnlich wie ein Karteikartensystem, auf die beiden Lernkonzepte der Verteilten Wiederholung und der aktiven Reproduzierung des Lernstoffs. Der Vorteil gegenüber einem Karteikartensystem besteht jedoch darin, dass Anki diesen Prozess digitalisiert und zu einem großen Teil automatisiert.
Verteilte Wiederholung
Wie in dem Artikel zur Verteilten Wiederholung beschrieben, ist es wichtig, ein geeignetes Wiederholungsschema anzuwenden, um den Lernstoff ins Langzeitgedächtnis zu bringen. Ein passendes Wiederholungsschema sollte dabei folgende Aspekte beachten:
- Jeder Lerninhalt sollte regelmäßig und häufig genug wiederholt werden, um im Langzeitgedächtnis zu bleiben.
- Der zeitliche Abstand zwischen den Wiederholungen eines Lerninhalts sollte mit jeder erfolgreichen Wiederholung stetig ansteigen. Es liegt nämlich kein Nutzen darin, etwas bereits Gelerntes zu wiederholen, bevor es nicht teilweise vergessen wurde. Je schwieriger es für Ihr Gehirn ist, sich an etwas zu erinnern, desto stärker wird die Verbindung zu dieser Information in Ihrem Gedächtnis trainiert.
- Bei einer erfolglosen Wiederholung sollte der zeitliche Abstand bis zur nächsten Wiederholung kürzer sein als bei einer erfolgreichen Wiederholung. Denn eine erfolglose Wiederholung bedeutet, dass Sie bereits Teile des Lerninhalts vergessen haben, sodass eine zeitnahe Wiederholung dieses Lernstoffs sinnvoll ist.
In Anki werden diese drei Eigenschaften eines guten Wiederholungsschemas automatisch erfüllt.
Aktives Abrufen des Lernstoffs
Mit Anki testen Sie sich bei jeder Wiederholung aktiv und überprüfen dadurch, welche Teile des Lernstoffs Sie abrufen können und welche Teile Sie vergessen haben. So stärken Sie durch jede aktive Wiederholung die Verbindung zu dieser Information in Ihrem Gehirn, sodass Sie den Lernstoff immer leichter abrufen können. Zudem können Sie anschließend gezielt die Dinge lernen, welche Sie vergessen haben. Wenn Sie dagegen den Lernstoff zur Wiederholung nur durchlesen, ohne sich aktiv zu testen, dann trainieren Sie nicht das Abrufen des Lernstoffs. Dadurch werden Sie manche Dinge vielleicht wiedererkennen und denken, Sie haben diese Dinge bereits gelernt. Aber häufig können Sie diese Dinge nicht aktiv abrufen, auch wenn Sie diese Dinge im Nachhinein wiedererkennen. Daher sollten Sie sich bei jeder Wiederholung aktiv testen und bewerten.
Anki bringt Sie automatisch zur aktiven Wiederholung des Lernstoffs, indem jeder Lerninhalt als eine Frage und Antwort dargestellt wird. Außerdem müssen Sie nach jeder Wiederholung bewerten, wie erfolgreich Sie sich an den Lernstoff erinnern konnten. Daraus leitet Anki dann den optimalen Zeitraum bis zur nächsten Wiederholung ab.
Einsatzgebiete von Anki
Anki kann zum Auswendiglernen von Texten, Audios, Bildern und Videos verwendet werden. Dadurch ergeben sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für Anki. Beispielsweise können Sie Anki für folgende Dinge nutzen:
- Sprachen lernen durch das Merken von Vokabeln und Grammatikregeln
- Abspeichern von Definitionen, Formeln oder Gesetzen
- Behalten von Namen und Gesichtern
- Lernen von Konzepten und Fachbegriffen
- Auswendiglernen von Liedern oder Gedichten
Somit können Sie Anki für praktisch jedes Fachgebiet verwenden, um die wichtigen Dinge des Fachgebietes ins Langzeitgedächtnis zu bringen.
Funktionen von Anki
Die zwei Hauptfunktionen von Anki sind das Erstellen und Abfragen von Karten. Bei der Erstellung von Karten bietet Anki die Möglichkeit, Texte, Bilder, Audioaufnahmen, Videos oder mit LaTeX formatierte Texte und Formeln einzufügen. Daher sollten Sie zunächst einen der folgenden Kartentypen auswählen:
- Einfach: Bei dem einfachen Kartentyp wird die Vorderseite abgefragt und die Rückseite entspricht der Antwort.
- Einfach (Antwort eintippen): Dieser Kartentyp funktioniert genauso wie der einfache Kartentyp mit dem Unterschied, dass Sie hier bei der Abfrage Ihre Antwort eintippen können. Anschließend werden Ihnen farblich hervorgehoben die Abweichungen vom eingetippten Text zur korrekten Antwort angezeigt.
- Einfach (beide Richtungen): Hier wird die Karte in beiden Richtungen abgefragt, sodass dieser Kartentyp beispielsweise gut zum Lernen von Vokabeln geeignet ist.
- Lückentext: Hier wird bei der Abfrage ein Text mit fehlenden Wörtern angezeigt und die Antwort besteht dann aus den fehlenden Wörtern.
Anschließend können Sie einen Stapel auswählen, dem die Karte zugeordnet wird. Stapel sind dabei Ordner für eine Sammlung an Karten und bieten Ihnen so die Möglichkeit, Ihre Karten nach Themengebieten zu strukturieren und gemeinsam abfragen zu lassen.
Nachdem Sie den Kartentyp sowie den Stapel ausgewählt haben, können Sie die Vorder- und Rückseite der Karte beschreiben. Bei einem einfachen Kartentyp können Sie dabei Texte, Bilder, Audioaufnahmen und Videos verwenden. Zum Lernen von Vokabeln können Sie beispielsweise auf beiden Seiten die Vokabel als Text eingeben oder die Vokabel in der Fremdsprache als Audio aufnehmen, um auch die Aussprache zu üben. Für komplexeren Lernstoff bieten sich auch Videos und Bilder an. So können Sie zum Beispiel Diagramme und Schaubilder nutzen oder Ihre Zusammenfassungen als Bilder einfügen.
Bei einem Lückentext als Kartentyp geben Sie einen Text ein und blenden dann einzelne oder mehrere Wörter aus, indem Sie diese markieren und anschließend in der oberen Leiste auf das Symbol […] klicken. Dadurch werden diese Wörter später abgefragt. Zusätzlich dazu können Sie im Feld „Extra“ noch eine weitere Antwort oder Erklärung eingeben, welche bei der Auflösung des Lückentextes mit angezeigt wird.
Zusätzlich zu den Grundfunktionen gibt es auch viele nützliche Plugins für Anki. Eines dieser Plugins ist das Image Occlusion Plugin. Damit können Sie Karten mit Bildern erstellen und mehrere Teile des Bildes verdecken. Die verdeckten Teile dienen dabei als Antwort und können bei der Abfrage der Reihe nach aufgedeckt werden.
Bei der Abfrage der Karten bekommen Sie von Anki die Vorderseite angezeigt und Sie müssen sich dann erinnern, was auf der Rückseite der jeweiligen Karte steht. Wenn Sie danach auf „Antwort zeigen“ klicken, wird Ihnen auch die Rückseite angezeigt. Außerdem bekommen Sie mehrere Auswahlmöglichkeiten, wie „Nochmal“, „Schwer“, „Gut“ oder „Einfach“, um Ihre Antwort zu bewerten. Aus Ihrer Bewertung ergibt sich dann automatisch das Zeitintervall bis zur nächsten Wiederholung der Karte.
Neben der Erstellung und Abfrage von Karten bietet Anki auch einige Statistiken zu Ihrem Lernverhalten. Durch die Auswertung dieser Statistiken können Sie Ihr eigenes Lernverhalten optimieren. Außerdem haben Sie die Möglichkeit, Ihre Anki-Stapel mit anderen Nutzern zu teilen und deren Karten herunterzuladen. Dabei haben Sie eine große Auswahl an Stapeln zum Herunterladen, sodass Sie diese Karten nicht selbst erstellen müssen.
Eine weitere Funktion von Anki ist die Synchronisation Ihrer Karten und Stapel über mehrere Geräte. Dadurch können Sie Anki auf verschiedenen Geräten installieren und von überall aus lernen.
Nutzung von Anki
Mit Anki können Sie Karten für alle möglichen Themengebiete erstellen. Zum Beispiel können Sie beim Lesen von Büchern wichtige Textstellen oder Zitate mithilfe von Anki memorieren und so auch Ihre Notizen und Lehren aus Büchern regelmäßig wiederholen. Zum Lernen von Fremdsprachen können Sie Vokabeln, Grammatikregeln und Beispielssätze effizient auswendig lernen. Für andere Fachbereiche bietet es sich an, Definitionen oder mögliche Prüfungsfragen mit Anki zu üben.
Generell sollten Sie beim Erstellen von Karten darauf achten, dass Sie nur die Inhalte memorieren, die Sie bereits verstanden haben. So fällt es Ihnen auch wesentlich leichter, sich die Inhalte zu merken. Wenn Sie den Lernstoff verstanden haben, können Sie auch Zeit sparen, indem Sie einen Anki-Stapel von einem anderen Nutzer herunterladen oder die Antworten aus einem Text kopieren. Mithilfe des kopierten Textes können Sie dann leicht eine Frage oder einen Lückentext erstellen und die Karte bei jeder Wiederholung gegebenenfalls anpassen. Bei diesem Vorgehen ist es sinnvoll, auch die Quelle zu der Karte anzugeben, sodass Sie diese leicht nachschlagen können. Außerdem können Sie ein zusätzliches Feld nutzen, um Verbindungen zu anderen Teilen des Lernstoffs herzustellen oder um Ihre eigenen Bemerkungen, Eselsbrücken oder Mnemotechniken festzuhalten. Insgesamt sollten Sie Ihre Karten jedoch kurz und einfach halten, damit Sie diese möglichst leicht behalten können.
Bei der Wiederholung der Karten ist es wichtig, dass Sie Ihre Karten regelmäßig durchgehen. Deshalb sollten Sie möglichst jeden Tag Ihre fälligen Karten wiederholen, damit Sie Anki’s Algorithmus zur Verteilten Wiederholung optimal nutzen. Dazu können Sie Anki beispielsweise während Wartezeiten oder auf Zugfahrten nutzen. Zudem sollten Sie täglich zu einer bestimmten Tageszeit lernen, um daraus eine Gewohnheit zu machen. Während Sie Ihre Anki-Karten durchgehen, sollten Sie alle fehlerhaften Karten markieren und nach der Wiederholung bearbeiten.
Fazit
Anki ist ein praktisches Tool, um Lernstoff jeglicher Art auswendig zu lernen und ins Langzeitgedächtnis zu bringen. Dazu bietet Anki ein automatisiertes System zur Verteilten Wiederholung sowie zum Aktiven Abrufen des Lernstoffs. Anki ist auf verschiedenen Plattformen und Geräten verfügbar. Neben einer Web- und Desktopanwendung gibt es auch eine mobile Version für Android und iOS, sodass Sie mit Anki auch unterwegs lernen können. Bis auf die iOS-Version, welche 27,99€ kostet, ist Anki auf allen Geräten kostenlos nutzbar. Ein Nachteil von Anki ist das wenig ansprechende Design sowie das etwas komplizierte Interface. Dadurch ist eine gewisse Einarbeitungszeit notwendig, um alle Einstellungen und Features von Anki effektiv nutzen zu können. Diese Einarbeitung lohnt sich jedoch aufgrund der zahlreichen Funktionen und langfristigen Vorteile von Anki, welche in diesem Tool-Review vorgestellt wurden.